Sie sieht ihn nicht. Weiß aber, dass er da ist. Diese Intensität, sie scheint funken zu sprühen sobald er in ihrer Nähe ist. Die Luft lädt sich statisch auf, lässt ihre Haare an den Armen hochgehen.
Gänsehaut.
Desto näher er kommt, desto intensiver wird es. Sie möchte sich umdrehen, ihn ansehen, ihm nahe sein. Dieses verlangen danach ist einfach unerträglich. Denn dieser wundervolle Duft aus Erde und schweiß, macht sie Wahnsinnig.
Doch sie kann es nicht. Entscheidet sich dagegen, obwohl jede einzelne Zelle in ihrem Körper, förmlich danach schreit, ihn zu berühren. Die Angst ihre Kontrolle zu verlieren, ist einfach zu groß. Wohl wissend, dass sie es unsagbar bereuen wird.
Denn sie hat sich schon einmal verloren. In dem glauben, dass es richtig war, dass es Liebe war, hat sie jemanden blind vertraut. Die Verwunderung darüber, plötzlich zu fallen, war ihr zur dieser zeit förmlich ins Gesicht geschrieben. Sie wurde enttäuscht, verraten. Hatte ihr ganzes Herz in eine Sache gesteckt. Erst viel zu spät wurde ihr klar, dass man sie einfach hat fallen lassen.
Ohne Fallschirm, fiel sie dem harten beton Boden entgegen.
Die Überraschung war groß, als sie auf die Erde aufkam und bemerkte, dass sie heil war. Nichts gebrochen, alles intakt. Leichte Prellungen zierten zwar ihren Körper, doch sonst ging es ihr gut. Die Skepsis darüber, wie dass überhaupt möglich sein konnte, wurde schnell überschattet. Denn die Welle der Erleichterung, war zu dem Zeitpunkt größer, als jegliche Skepsis.
Also machte sie weiter wie bisher. In dem glauben dieses Ereignis einigermaßen überwunden zu haben, lebte, fühlte, liebte sie wie immer.
Wie naiv, das war
Denn eines Tages, lernte sie jemand kennen, der ihr den Atem raubte. Sie mochte ihn sehr. Glaubte, nein hoffte, endlich jemanden gefunden zu haben, mit dem sie alt werden konnte. Er war perfekt. Liebevoll, offen, lustig. Ein Mann, wie für sie gemacht.
Also nahm sie all ihren Mut zusammen und öffnete sich.
Den Schmerz den sie dabei empfand war grauenhaft. Er nahm ihr die Luft zum Atmen. Ließ sie zurückfallen und zwang sie zu Boden. Qual voll fasste sie sich an ihre Brust, aus angst sich aufzulösen.
Doch das tat sie nicht. Wieder machte sich Verwunderung breit und als sie auf sich hinabschaute, bemerkte sie, dass sie immer noch ganz zu sein schien. Sie starrte ihn an, immer wieder zuckte sie vor Schmerz, beim versuch ihn zu lieben.
Doch keiner konnte sehen, dass sie Leidete.
Dann wurde es ihr klar. Sie war leer, gebrochen. Von dem Tag an als sie fiel. Wie töricht von ihr zu glauben es „überlebt“zu haben, „Glück“ gehabt zu haben. So lange ist sie umhergewandert, in den glauben sie wäre heil. Und nun? Ja nun musste sie lernen sich wieder zusammen zu setzen.
Sie ließ ihn hinter sich, in dem wissen das sie nie einen Mann vertrauen, geschweige denn Lieben konnte solange sie nicht vollständig war. Also machte sie sich auf die Suche, jedes kleinste Stück ihres Herzens, mühsam wiederzufinden.
Sie experimentierte Tag und Nacht. Versuchte das perfekte Bindemittel zu finden, um sich endlich wieder ganz zu fühlen. Doch so sehr sie es versuchte, es hielt nie lang. Verschwunden in den Erinnerungen der Vergangenheit, musste sie schließlich erkennen, dass sie wohl für immer verloren war. Die alternative lies keine liebe zu und somit verlor sie die Hoffnung auf Glück, für eine lange Zeit.
Nun stand er genau hinter ihr. Ihr kleines kaputtes Herz pochte tief in ihrer Brust. Viel hatte sie über die Jahre gelernt. Sich selbst kannte sie besser als jeder andere. Sie schloss die Augen und ließ es, zum ersten Mal seit Jahren zu. Die Luft lud sich langsam auf, biss sie sie vollständig einnahm. Sie wusste, dass es sie wieder zerstören würde. Doch sie ertrug es nicht mehr. Diese Einsamkeit, diese leere, ihr verlangen endlich wieder zu fühlen war einfach zu groß um es zu ignorieren.
Sie Atmete tief ein, kniff die Augen zu und sprang.
Wartete auf den Moment, in dem sie hart auf den Boden aufkam. Doch Sekunden wurden zu Minuten, Minuten zu stunden und als sie sich endlich traute, die Augen zu öffnen, sah sie ihn.
Verwundet schaute sie sich um. Die Welt unter ihren Füßen, war ganz klein. Doch sie fiel nicht.
Er lächelte sie an.
Ihr Herz, es war wieder ganz.
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